Gesunde Arbeit für eine starke Gesellschaft
Leider sind Berufskrankheiten, Arbeitsunfälle und Todesfälle bei der Arbeit immer noch zu häufig. Nach Schätzungen der WHO und der ILO waren von 2000 bis 2016 Berufskrankheiten für 81 Prozent der arbeitsbedingten Todesfälle verantwortlich. Die restlichen 19 Prozent entfielen auf Arbeitsunfälle.
Wir wissen zwar, dass sich Geschlecht und Gender auf die Berufe, die Arbeitsbedingungen und die Art, wie Männer und Frauen behandelt werden, auswirken. Weniger bekannt ist vielleicht, dass sich das Geschlecht auch in den Gesundheitsrisiken zeigt. Vielfach werden die von Frauen ausgeführten Arbeiten fälschlich als sicher und unkompliziert angesehen. Viele Frauen kommen zum Beispiel bei der Arbeit mit Chemikalien in Kontakt, trotzdem sind geschlechtsspezifische Auswirkungen der stofflichen Exposition auf ihre Gesundheit noch kaum untersucht. Besonders verletzlich sind auch Personen, die mit Fristverträgen, im Schichtdienst oder auf Abruf tätig sind oder weitgehend ungeschützt selbständige Tätigkeiten ausüben. Mit der Prekarität der Arbeit nehmen Gesundheitsprobleme, Depressionen und Medikamentenabhängigkeit zu.
Es muss dringend eingegriffen werden mit Schutz- und Präventionsmassnahmen, die den ständigen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt Rechnung tragen: für die Callcenter-Agentin, die Familie und Beruf vereinbaren muss, den Fahrer auf Abruf oder den selbständigen Gärtner. Dank der nationalen Frauensession setzt sich das Parlament für die Gendermedizin ein. Dank mehrerer parlamentarischer Vorstösse hat der Bundesrat auch beschlossen, das ILO-Überein kommen 190 zur Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt zu rati zieren.
Können wir die psychische und physische Gesundheit der atypischen Arbeitnehmenden besser schützen? Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz müssen eine nationale Priorität aller Akteur:innen werden, angefangen bei der Politik.
Artikel im Syndicom-Magazin, August 2022